|
I |
|
|
Mann |
Ich warte
warte warte warte |
Penelope |
ich bin die die wartet
die wartet und webt |
Mann |
webt? was? was webt? |
Penelope | wartet und webt
wartet und webt
den Faden zwirnt |
Mann |
webt und den Faden zwirnt? |
Penelope |
die Fasern färbt
die Farben des Fadens nach meinem Gesetz |
Mann |
nach welchem Gesetz? nach welchem? |
|
|
Mann |
ich warte warte warte |
Penelope |
nach meinem Gesetz
die Farben der Klage die Farben der Lust |
Mann |
der Lust? die Farben der Lust?
der Leber der Niere |
Penelope |
der Lust der Liebe |
Mann | der Leber der Niere des Darms |
Penelope |
der Liebe des Erbarmens der Trauer |
Mann | der Leber der Niere des Darms |
Penelope | des Sonnengeflechts
der Zirbeldrüse
des Neides
des Hasses |
Mann |
der Leber der Niere der Leber der Niere
des Darms des Harns des Darms des Harns |
Penelope |
des Neides des Hasses
der Raserei und der Demut. |
Mann |
Demut Demut Demut
Raserei |
Penelope |
Die Farben des Menschen |
Mann |
Raserei Raserei |
Penelope | Meine Farben |
Mann | Raserei Raserei Raserei |
Penelope | Penelopes Farben |
Mann | nach welchem Gesetz? |
Penelope | in die Oberfläche des Stoffes
Das Muster |
| |
|
II |
|
|
Mann |
Das Muster
die Fäden |
Penelope |
Das Muster farbiger die Fäden reicher |
Mann |
farbiger? reicher? |
Penelope |
das Reiche fester wie |
Mann |
fester wie fester wie fester wie was? |
Penelope |
wie das Feste weicher das Feste weicher das Feste weicher |
Mann |
das Reiche fester wie weicher das Feste?
was soll |
Penelope |
nichts nichts |
Mann |
was nichts? |
Penelope |
nichts für ein teutsches Kostüm |
Mann | nichts nichts was nichts für ein teutsches Kostüm? |
Penelope | was die Substanz verbirgt der Stoff verhüllt
soll sich im Muster zeigen
als verberge es was es enthüllt
so groß |
Mann | enthüllt? was? verbirgt? was?
der Stoff? die Substanz? das Muster?
das Muster zeigt was? |
Penelope |
so groß die Angst DAS MUSTER zu versäumen
so groß die Angst
so groß die Angst DAS MUSTER zu versäumen
ins Leere springen
immer ins Leere
springen
immer
so groß die Angst DAS MUSTER zu versäumen |
Mann |
das Muster das Muster das Muster die Angst |
Penelope |
ins Leere springen immer Männer und |
Mann |
so groß die Angst DAS MUSTER zu versäumen |
Penelope |
und Frauen
schön wie Frühling und Sommer unter Pflaumenbäumen
Ulmen umwerben erobern umweben winden
den Löwenzahn für ihr Haar |
Mann |
ins Leere springen immer Männer und Frauen und Frauen und |
Penelope |
warm schon die Luft
grüne Blattspitzen bohren durchs feuchte Erdreich
warm schon die Luft
Vogelruf
trächtige Muttertiere
Saftschächte in den Stämmen der Bäume
Das Sausen des Wassers zwischen Borke und altem Holz |
Mann | so groß die Angst so groß die Angst so groß die Angst |
Penelope |
Roter Faden in die Verheißung der Fülle
Nur nicht aufdecken nur nicht aufdecken nur nicht aufdecken
all das Prunken
mit dem was nicht ist |
Mann |
die Angst die Angst die Angst |
Penelope |
noch nicht ist |
|
|
|
III |
|
|
Penelope |
Ich bin die
die wartet und webt. |
Mann |
die wartet und webt die wartet und webt |
Penelope |
webe nicht weil ich warte
verkleidet in Warten webe ich
solange ich webe lebe ich
Weben ohne Taktik Kalkül
Weben blind wie das Leben |
Mann | blind dein Weben blind dein Warten blind dein Leben
blind blind blind |
Penelope | blind wie das Leben im Frühling
und immer auf der Jagd nach dem
was ich noch nicht webte |
Mann | blind blind blind dein Leben |
Penelope |
immer größer die Gier
nach dem Nicht-Gewebten
je mehr ich schon webte |
Mann |
blind blind blind dein Warten |
Penelope |
Und jedes Weben ist Vernichtung
Vernichtung des Nicht-Gewebten |
Mann |
blind blind blind dein Weben |
|
|
|
IV |
| |
| Darum
darf kein Fertiges sein
kein Telos kein Endzweck keine Vollendung
Daher
ich jede Nacht das Gewebte
mache wieder nicht gewebt
Hörte mein Weben auf
Penelope wäre nicht mehr
Nicht Anteil habe ich an dem Gewebten
Ich bin Seinteil
Und während ich es webe webt es mich
Macht’ ich es fertig
Macht’ es fertig mich
Darum
aufreißen alles
mein Ich aufreißen zerpflücken zerfasern
und neu zusammenzwirnen
immer wieder neu
Und jede Nacht die Stimme die mir sagt
Verzweifle nicht du wirst es
schließlich finden: DAS MUSTER
farbiger die Fäden reicher
Und die Vollendung auf den Knien
vor der Muse der Zerstörung. |
|
|
|
Die Hirtin zu Penelope |
|
|
|
War eine Zeit da hüpften die Wörter wie Lämmlein ins Haus wie auf grüne Weide lachend und scherzend auf ihrer Reise durch Nacht und Sterne ans Messer – ich Hirtin sie lässig zu drehn und zu wenden und wieder hinaus zu Spiel und Braus und in hübschen Paketchen in Strophen wien Stückchen Schokolade zartbitter mit Nüssen und Mandeln voll Milch schleckte man sie als Nachtisch zum Leben
Dann kam der Trott. Sie kamen in Scharen im mittleren Alter süchtig nach ihrer Versklavung was sie für Verewigung hielten Schlachtschafe mit schwerem Tritt und Gehirn. Dann wurde das Wasser knapp Seuchen untergruben ihre Moral
Eine Zeitlang blieben sie fort. Jetzt kommen sie wieder schleppernd umkreisen mich suchen in Fußnoten Unterstand scheinen genügsam und scheu. Locken lassen sie sich wie verlorene Söhne aber struppig und grau unterm Pelz witternde Rudel verhaltenes Geheul Zähne Wolken zu reißen |
|
|
|
V |
| |
Penelope | Manche lassen sich hören:
Komm hinunter. |
Mann |
Komm hinunter. Längst
gibt es Gewebe genug. Komm hinaus
Iß und trink mit uns, Frau,
laß uns Sch |
Penelope |
Tun besorgt mir die Mühen abzustreifen
von den müdgewebten Armen
Andre schmeicheln mir: Laß uns Schöne
Dein Schöngesticheltes |
Mann |
Laß uns Schöne
dein Schöngesticheltes sehn
rotes Kitzelgewebe verliebter Versesfuß
Distelkuß Erdenkugelgewebe |
Penelope |
Distelkuß Erdenkugelgewebe
Nein sag ich kein neues Gewebe
Ich sorge mich nicht um
mein neues Gewebe. Aber
Weben will ich. Weben muß ich. Weben
All die Fäden in mir mit ihren
Schatten Flecken Schlacken
All die Fußstapfen Kohle- und Kreidespuren
Stadtpläne Kindergesichter
aus nächster Nähe Hyänen und Hypothesen
aus lebendigem Perlmutter Scherbenschnitte
Weben. Weben bis es nicht mehr weh tut
Und nicht mehr die Erinnerung daran. Weben.
Den Knebel lösen in Muster
voller Schnäbel mit Gesang |
| |
|
VI |
| |
Mann |
Und wenn er nun käme?
Er diese himmelblaue Chimäre
dieses Blaue vom Himmel herunter
erzählte Gespenst? |
Penelope |
dieses Blaue vom Himmel herunter
erzählte Gespenst? |
Mann |
Um dessentwillen |
Penelope |
Um dessentwillen
ich die bin
die wartet und webt
wie alle Welt glaubt |
Mann | Und wenn er nun käme
wie alle Welt glaubt |
Penelope | Wie ich mich fürchtete
vor seiner Wiederkehr
dem Feuerkleid seiner Hände
Vor seinem Mund auf meinem Puls
seiner Liebeskranken Nacktheit
Nicht länger wäre ich die
die wartet und webt
Nur noch Seinweib
Und tot Penelope
die Weberin |
| |
|
VII |
|
|
Mann |
Und wenn er nun käme?
Er diese himmelblaue Chimäre
dieses Blaue vom Himmel herunter
erzählte Gespenst? |
Penelope |
Er kommt er kommt
Mag sein wie eine Hand
in meinem Haar so zärtlich unverhofft
Er kommt er kommt
Mag sein wenn meine Fäden aufgezehrt
mein Muster nur noch
Stückwerk Schemen Mumientuch
brautfarben endlich leichenfarben
narbenweiß
Er kommt
Bis dahin aber
mein Schiffchen frei über Kette und Schuß |
| |
|