Verfluchtes Rom (2010)

nach dem 8. Buch der
Sibyllinischen Weissagungen
​Von dem gewaltigen Zorn der hereinbricht am Ende der Zeiten
​Zu künden, das ist, weil wir Sehende sind, den Sibyllen beschieden.

​Bald nämlich stürzen vom dröhnenden Himmel schon Feuer von Schwefel
​Und donnernd bestürmen die lodernden Flammen den wankenden Erdkreis.
Was nicht zum Fraß wird dem Feuer, das stirbt an den giftigen Dämpfen. ​​
​Zu Staub zerfällt alles: Zertrümmert die Städte, verödet das Land.

Jammer und Elend, sie werden Euch packen bis alles gebüßt ist:
​Bequemlichkeit, Hochmut und Lüsternheit, Habgier und auch eure Mordlust.
Bis nicht getilgt ist die Schuld eurer schandbaren Taten auf Erden,
​Folgt Unglück auf Unglück, folgt Wehtag auf Wehtag und Not folgt auf Not.​ ​​

Quelle des Unglücks der leidenden Menschen ist einzig der Mensch
​Denn seine Verworfenheit zeugt alles Elend, gebiert alle Not.

Schamlose Eitelkeit, Ruhmsucht und Neugierde treiben die Menschen
​Die niemals ergründbaren Weiten der endlosen Welt zu vermessen.
​Keiner der Berge ist ihnen zu hoch, noch ein Wasser zu tief, ​
​Kein einziges Hindernis achten als unüberwindliche Schranke sie.

Alles was lebt auf der Erde und was sie auch immer hervorbringt
​Zu ihrem alleinigen Vorteil zu nutzen, dazu wähnen Menschen von
​Jeher sich göttlich berufen. – Darum roden sie dreist alle Wälder,
​Sie fassen die Quellen und zäunen mit Hürden die Äcker und Weiden.​

Und sie zerreißen die fruchtbare Erde gewaltsam in Stücke,​
​Sie trennen vom Ganzen sich Flecken und Weiler zum eignen Nutzen,
​Eignen das Land sich frech an, setzen Steine um sichtbar zu machen
die Grenzen des Eigentums, das ihnen fortan als heiliges Grundrecht gilt.

Jedermann sucht seinen Vorteil und seinen Besitz zu vergrößern,​
​Die Früchte zu ernten, die Schätze zu heben, was immer sein Boden auch
​Hergibt und rafft sich die reichlichen Gaben zu eigen und schleppt sie
​Behende zum Markt, mit Gewinn sie zu tauschen in Silber und Gold. ​

Nichts steht bei Menschen in höherem Ansehn als einzig das Gold
​Und nichts schätzen höher sie, weder die Treue, noch Ehre, noch Anstand.​​

Ruhelos jagen und hetzen die Menschen dem flüchtigen Gold nach.
​Die Armen, weil Not und auch Sorge ums tägliche Brot sie zwingt,
Reiche hingegen sie raffen und geizen das Gold sich in Mengen
​Um damit sich Geltung zu schaffen und noch größre Macht zu erringen.

Doch Gold verdirbt alles: macht Aufrechtes bucklig und Grades verbogen,​​
​Macht unrein das Reine, macht hässlich das Schöne und unfrei die Freien.
Gold wandelt Lüge in Wahrheit, doch ebenso Echtes in Falsches.
​Es spaltet die Zungen, vergiftet die Rede, verdreht jedes Wort.

Schneller und lauter und immer noch wilder umtanzen die Menschen
​Das Goldene Kalb, denn für Geld ist jetzt alles und jeder zu haben.​​

Stünden die Sterne, der Mond und die Sonne so hoch nicht am Himmel,
​Sie füllten ihr Licht schlau in Fässer, verkauften es stückweis für Gold und
​Einzig den Reichen alleine nur leuchtete fortan ihr Licht.
​Die Armen hingegen, sie müssten sich umsehn nach einer ganz andern Welt.

Jetzt aber ist es der ruchlosen Römer entsetzliche Herrschaft,​
​Welche unendliches Leid allen sterblichen Menschen gebracht hat.
​Jedwedes Land unterjochen sie, Könige zwingen sie schamlos
​Zu Zins und erpressen mit eisiger Hand sich die Völker zum Frondienst.​

Eher nicht ruhen sie bis auch die letzten noch Freien gefügig
​Sich zeigen in allem und beugen sich willig der rohen Gewalt.​

Sie nur alleine benennen die Wächter der schiffbaren Meere
​Sie nur alleine bestimmen die Grenzen der rechtlosen Länder
Sie nur alleine besitzen das Recht alles Gold und auch Silber, ​
​Selbst Kupfer und Eisen, zu allgemein gültiger Währung zu münzen.

Sie nur alleine beherrschen die Märkte, diktieren die Preise ​
​Und sichern den eigenen Vorteil durch Wegzoll und Privileg.
Doch seine Vorherrschaft über den Erdkreis gründet das ewig
​Sich wähnende Rom nicht allein auf die Übermacht seiner Legionen.

Worauf aber dann? Worauf aber dann?
Worauf aber gründet die Vorherrschaft Roms? –

Nämlich getrieben​
​Von maßloser Eigensucht, Habgier und Dummheit, und auch
​Gespornt von der Hoffnung noch höher und über den andren zu stehen,
Immer bequemer zu sitzen, und morgen noch weicher zu liegen
​Als heute, das war schon von jeher den kraftlosen Menschen zu eigen.

​Darum verbiegen die Blöden aus eigenem Antrieb den Rücken ​
​Und beugen dem Joch sich der Knechtschaft und wähnen sich dabei frei.

Ebenso schlau wie durchtrieben verschachert Rom Posten an jene
​Die entweder ehrlos genug sind, sich kaufen zu lassen oder an
​Solche, die schäbig genug sind und ausreichend Schätze besitzen,
​Tribut zu entrichten für solch eine schändliche Statthalterei. ​

Hochnackig lenkt noch das überall Ekel erregende Rom
​Die Geschicke des Erdkreises und es bevormundet frech all die Völker
​Die es besiegt hat mit Waffengewalt oder trickreicher List.
​Doch bald schon wird enden die schreckliche Herrschaft, das künden wir Euch.

Jählings von oben wird treffen ein donnernder Blitzschlag die Stadt,​
​Wird den lüsternen Schädel ihr spalten und brechen den Nacken, den stolzen.

Brennendes Naphta und lodernder Schwefel wird krachend entfachen
​Ein brüllendes Feuer, das heulend und rasend von Viertel zu Viertel stürmt.
Unbändig wütet der Brand, jagt wie toll von den Hütten zu Häusern
Und frisst von Palast zu Palast sich, nicht schonend die Tempel der Götter auch.​

Nicht hilft den Römern ihr greinendes Flehen und Bitten um Schonung ​
Sie alle ertränkt jetzt das himmelwärts peitschende Flammenmeer. ​
Ströme von siedendem Pech werden stürzen aus glühenden Wolken
​Auf dieses so hochfahrend herrschende, siebengehügelte Rom.

Das wird ein Wehtag sein, wenn die verruchte Stadt gänzlich zugrund geht ​
​Im kochenden Faulschlamm, der jedwedes Leben erwürgt und erstickt.

Wo bleibt das flinke Gerede dann? Wo dann die schlauen Gesetze?
​Und welcher der Götter kommt Rom dann zu Hilfe? Ist’s einer aus Gold? oder
​Silber? aus Erz oder Stein? - Und welches der zahllosen Völker,
​Die heute Du knechtest, eilte herbei, Dir dann Beistand zu leisten?​​

Keines! Denn alle gedenken der lange erduldeten Drangsal
​Und spotten des Unglücks der eben noch mitleidlos herrschenden Stadt.
Und ein Gestank von verwesendem Aas und auch widriger Fäulnis​
liegt über den modernden Trümmern der ewig sich wähnenden Stadt Rom.

Wo die Geschicke der Menschheit man eben noch lenkte wie Rosse, ​
Da krächzen jetzt Raben und hausen die Wölfe in brandschwarzen Löchern.
Nur eine einsame Säule entragt noch dem grausigen Grunde
Den späteren Menschen zur Mahnung.
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