Hölderlinspiel (2013)
Über das Hölderlin-Spiel

Hölderlins Ode „Lebenslauf“ als thematische Vorlage für ein musikpädagogisches Projekt? Ein komplexer Text, dessen Sinn sich auf Anhieb nicht erschließt, das stimmt manchen Pädagogen sicher bedenklich. Aber ich vertraue auf Hölderlins Beobachtung, dass das unbefangne Auge des Kindes sich Ahndungen und Regungen aus der Beschauung der Welt sammelt, die manches beschämen, was später unser Geist auf mühsamem Wege erringt. (Hyperion).

Der musikalische Verlauf des Stücks ist bestimmt von ganz unterschiedlicher Notationstechnik. Sie reicht von unbestimmter, graphischer Zeichensetzung, verläuft über phonetisch-alphabetische Vorgaben und führt hin zum herkömmlichen Notenbild. Der musikalische Bogen ist weit gespannt zwischen amorpher Klangfläche und vorgegebener rhythmischer und melodischer Struktur, zwischen realem Geräusch und tonalem Klangereignis.

Meine kompositorische Herangehensweise habe ich ganz unmittelbar mit der Thematik der Dichtung von Hölderlin verbunden. Das Bild eines sich an seinem Ausgangspunkt schließenden Bogens bestimmt Form und Inhalt des Stücks.

Seit der Mitte des vergangenen Jahrhunderts haben improvisatorisch- musikalische Praktiken in vielfältiger Weise die Entwicklung der zeitgenössischen Musik beeinflusst. Der Zufall als bestimmendes Element prägte die musikalische Ästhetik sowohl in ihrer performativen Erscheinung, als auch in der kompositorischen Praxis. Mathematiker haben längst entdeckt, dass auch der Zufall Gesetzen folgt, dass sozusagen auch im Chaos, wie im Orkus, ein Gesetz herrscht. Und lehrt uns nicht die Lebenserfahrung, dass oft genug der Zufall in unser Leben eingreift, ihm eine Richtung gibt, die wir so nicht geplant hatten?

Wolfgang Florey



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